Der Markt „Vitis“
Herkunft/Bedeutung des Ortsnamens:
Obwohl noch immer die Terminologie des vorigen Jahrhunderts übernommen wird, derzufolge sich der Ortsname von Vitus (Veith) ableitet, sind alle Etymologen, die sich in diesem Jahrhundert mit dem Ortsnamen Vitis beschäftigt haben, der Meinung, dass der Ortsname slawischen Ursprungs ist. Die Mehrheit von Ihnen nimmt einen slawischen Personennamen als Grundlage an. Über die Lage der slawischen Siedlung gibt es nur Vermutungen.
Erste urkundliche Erwähnung:
1150 – „Vitisse“
Im Rahmen des Besiedlungsvorgangs verschwindet das slawische Dorf. Vitis wird als Markt mit Siedlungsmittelpunkt ausgebaut. Der Marktplatz ähnelt jenen von Schrems und Gmünd und wird im Wesen von Kirche, Pfarrhof und Friedhof, die eine Wehranlage bildeten und durch Geländestufen (S, W und N) geschützt waren, abgeschlossen.
Urkundlich erscheint jedoch der Markt erst 1462. Kaiser Friedrich verlieh einen Jahrmarkt am Veitstag (15. Juni). Trotzdem waren, wie die Verleihungsurkunde von 1666 ausführt, die Vorfahren von Richter, „Rath und ganze Gemain des Marckhts Vitis“ vor „Vnerdenkhlichen Zeiten mit Marckht Freyheiten versehen“. Im Urbar der Herrschaft Schwarzenau aus dem Jahre 1633 werden zwei Jahrmärkte und ein Kirchtag angeführt. In der bereits zitierten Urkunde von 1666 werden neben dem Jahrmarkt am St. Veitstag, auf dessen Verleihung durch Friedrich III. hingewiesen wird, von alters her ein Wochenmarkt am Dienstag genannt. Außerdem wurde der bisherige Kirtag zu einem neuen Jahrmarkt mit Vieh- und Rossmarkt am vorgehenden Tag ähnlich dem am St. Veitstag erhoben. 1782 wird der Viehmarkt anlässlich des Kirtages auf 9. und 10. August vorverlegt.
Neben dem Marktwappen war der Pranger oder Marktsäule ein sichtbares Zeichen eines Marktes. Dieser aus dem 17. Jahrhundert stammende Pranger stand auf einem in stufenartigen Absätzen emporsteigenden Sockel, sie selbst war achteckig, in der halben Höhe zu einer achteckigen Platte ausgebogen. Auf der Säule stand eine unbekleidete männliche Figur, „der Prangerhansel“. Der Pranger wurde 1864 abgetragen. Die Markt- und Landesgerichtsobrigkeit hatte die Herrschaft Schwarzenau inne. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass Vitis im Mittelalter eine eigene Hochgerichtsbarkeit hatte. In einer Urkunde aus dem Jahre 1389, die Zehentstreitigkeiten behandelt, wird „Windischtey“ (Windigsteig) „an dem markht“ (gemeint ist Markl bei Windigsteig) „in Vitisser gericht“ genannt. 1502 war auch Kleinreichenbach, das damals zur Pfarre Großhaselbach gehörte, in „Vitisser Gericht“. Die Gerichtstage („Banntaidinge“) waren noch 1633 neben Schwarzenau in Großhaselbach und Vitis. Die Hinrichtungsstätte (Galgen) befand sich am „Galgenberg“ in den Galgenfeldern (Parz. Nr. 322) in der heutigen Katastralgemeinde Grafenschlag.
Die Verwaltung des Marktes besorgte der Marktrichter mit seinen Ratsbürgern. Der Markt hatte auch das Recht, Kaufbriefe und andere Urkunden auszustellen und sie mit dem „grünen Wapsigeln (zu) petschieren“. Die besser situierten Bürger handelten auch mit Grundstücken und Zehenten. So übergab am 4. Dezember 1465 Hermann Linspauer, Richter in Vitis, dem Stephan Eizing mehrere Lehen.
Obwohl der Ort nicht von einer Mauer umgeben war, bildete die geschlossene Reihe der Häuser eine deutliche Abgrenzung. Die Einfahrten waren mit Toren versehen. Im Osten bildete das „Schwarzenauer Tor“, im Westen das „Spitaltor“ und das Tor „Schremser Tor“ gegen Gadorf den Abschluss. 1633 hatte Vitis 7 Häuser, 14 Lehen, 14 Halblehen, 21 Hofstätten, 2 Kleinhäuser, eine Mühle („Hintermühl“) und ein „Baad“. Der Großteil der Inhaber von Häusern und Hofstätten übte ein Gewerbe aus. Dies traf auch auf einige Inhaber von Lehen und Halblehen zu. Nur ein Kleinhaus hatte keinen Grund. Auffallend ist auch die große Anzahl von Ödlehen, die von Vitis aus bewirtschaftet wurden. 1636 waren in Vitis und Gadorf nur 3 der 72 Häuser „oed“.
Das bereits erwähnte Spital lag mit der dazugehörigen St. Veithskapelle auf dem Gelände zwischen dem heutigen Friedhof und der ehemaligen Molkerei. Die Häuser Nr. 67 und 70 – 74 gingen aus diesem Gebäudekomplex hervor, während die Kapelle, die einen Teil des heutigen Friedhofs einnimmt, 1771 abgebrochen wurde.
Nach dem Bau der Kaiserstraße wurde bei der Brücke über den Jaudlingbach (Zahnarzthaus) eine staatliche Maut eingehoben, die die Gemeinde zwischen 1806 und 1812 um 180 Gulden jährlich in Pacht hatte.
Am Ende der Herrschaftszeit gehörten die Hofstätten Nr. 18 und 24 zur Pfarrherrschaft Vitis, die Kleinhäuser Nr. 67, 70 - 74 zur Grundherrschaft Meires. Der Pfarrhof (Nr. 71) war Sitz der Pfarrherrschaft. Die restlichen Behausungen gehörten zur Grundherrschaft Schwarzenau. Es waren dies die Lehenhäuser Nr. 2, 7, 8, 10, 46 - 48, 51, 54, 55 und 57, die Halblehen Nr. 11 - 13, 22, 43, 44 und 56, die Viertellehen Nr. 33 und 34, die Hofstätten Nr. 3, 4, 6, 9, 14, 21, 26 - 28, 31, 32, 40, 42, 49, 50, 52, 53, 58 - 64, die Kleinhäuser Nr. 1, 5, 15, 16, 19, 20, 25, 29, 30, 35 - 38, 41, 45, 65, 68, 69, 75 - 79, 82 und 83. Die Häuser Nr. 23 (Wächterhaus) und 29 gehörten der Marktgemeinde Vitis. Nr. 66 war die Haarstube (Nähe der heutigen Schule), Nr. 80 ("Horner Straße 1") das Jägerhaus der Herrschaft Schwarzenau und Nr. 81 das alte Schulhaus am Kirchenplatz.
Vom 5. Bis 12. August 1866 waren in Vitis 192 preußische Offiziere, 4.094 preußische Soldaten mit 1.152 Pferden einquartiert. Die Gemeinde erhielt eine Entschädigung von 1.306 Gulden und 30 Kronen.
Quelle: "850 Jahre Vitis" (Eigentümer, Verleger und Herausgeber: Marktgemeinde Vitis)